Hugo Chavez aus der Sicht venezolanischer AnarchistInnen * Zwei Artikel von der Website der Gruppe und Zeitschrift "El Libertario": http://www.nodo50.org/ellibertario/. übersetzt von Anna Schie Vor dem 3. Dezember 2006 - Aufruf zur Wahlenthaltung Wir gehen davon aus, dass die zwei von der etablierten Ordnung vorgeschlagenen Wahlmöglichkeiten - Chavez und der andere Kandidat, Rosales - die Vorherrschaft der Finanzkraft und des Empire in Venezuela darstellen, und die Verstärkung der Ausnutzung durch das Großkapital sowie sozialen Ausschluss und Arbeitslosigkeit darstellen. Acht Jahre sogenannter "Revolution" oder des sogenannten Prozesses stellen wir eine durch die Stabilisierung des Staates gestiegene soziale Misere und Zerstörung sozialer Gruppen fest. In den letzten Jahren hat sich das politische Regime dem transnationalen Kapital von Seiten Chavez' Regierung komplett unterworfen. Dieses Faktum anzuerkennen weigern sich Rosales und die Opposition. Das etablierte Spiel besteht aus Folgendem: Versteckt unter oberflächlichen und begrenzten Reformen der gegenwärtigen Regierung - die von der stalinistischen Linken innerhalb des kapitalistischen Staates gelenkt werden - gibt die Opposition vor, dass dies kommunistisch sei, obwohl sie in der Realität einen Teil der Dynamik des globalen Kapitalismus darstellen. Was wir bisher sahen, ist staatliche Lenkung mit punktueller Rückzahlung externer Schulden, die Aufgabe des Öls aus dem Orinocodelta und des Erdgases im Bundesstaat Falcan, Umweltzerstörung (Imataca, Perija und Paria), Hegemonie und Wachstum des Handelssektors, der Spekulation und die Herstellung flexibler Arbeit und sozialen Ausschlusses. Der ideologische Diskurs des Staates ist zerquetschend und hegemonisch und hat es geschafft, alle kritischen Kräfte zu blockieren, die trotz Bestechung und Seilschaften ruhig gestellt wurden, verwickelt in einen Denkprozess, der nur zu Totalitarismus führen kann. Die sozialen Bewegungen sind zunehmend fragmentiert, während die Macht der Cliquen zugenommen hat. Gleichzeitig sehen wir einen zunehmenden Militarismus, da die wichtigen Branchen des öffentlichen Sektors in der Hand der Militärkräfte liegen. Populäre Vorstellungen sind in zivil-militärische Lügen verwandelt worden, tatsächlich herrscht Willkür, und der militärische Sektor braucht nicht nostalgisch in die Vergangenheit zu blicken, da ''El Amparo'' in den 90ern dasselbe ist wie ''La Paragua'' heute (zwei militärische Massaker). Als Ergebnis ist Chavismus eine einfache Wiederholung von Puntofijismus, wie durch seine Korruption und Straffreiheit gezeigt. Auf Grundlage dieser Überlegungen rufen wir alle indigenen Völker, BäuerInnen, Studierende, Profs, Intellektuelle, Arbeitende, Frauen, Afro-VenezolanerInnen, Nachbarschaftskoalitionen, sozialen Gruppen und alle Leute allgemein auf sich vom Wählen zu enthalten, weil sich nichts Grundlegendes ändern werden. In Wirklichkeit symbolisiert die Repräsentativdemokratie, die auf Populismus vs. Opposition basiert, nichts Neues ist, sondern nur ein rückwärtsgewandter Sektor, der im kalten Krieg verankert ist, genau wie der Chavismus. Dieser Aufruf zur Enthaltung basiert nicht auf dem Problem von Wahlbetrügereien, die wir nicht abstreiten; noch stimmt sie mit opportunistischen Enthaltungsaufrufen überein, die aus bestimmten Ecken kommen. Die erforderlichen Veränderungen werden nie durch einen Wahlprozess, sondern durch die autonome Initiative der Sozialbewegungen selbst produziert. Die ernste Sozial-, ökonomische und kulturelle Krise, die von Venezuela erlitten wird, findet nicht ihre Antwort in der Wahlpolitik, die allen Kampf banalisiert und vernichtet. Wir veröffentlichen diesen Alarm damit alle UnterstützerInnen sozialen Wandels sich organisieren und in ihren eigrenen Kämpfen Enthaltung propagieren, ohne Messiase und autoritäre Bürokraten, um diesem Machtgerüst zu demonstrieren, dass es ineffektib und antidemokratisch ist. Nur der Kollaps des gegenwärtigen Systems wird Veränderung garantieren. Andernfalls alarmieren wir euch betreffs der Zunahmen der repressiven Praxis in der sofortigen Zukunft im Rahmen der Verschlechterung der strukturellen Krise des Landes. Dem bourgeoisen, genozidalen Staat der letzten 40 Jahre gegenübergestellt, der seinen Ausdruck im Kandidat Manuel Rosales findet, kann die Alternative nicht die Unterstützung des totalitären Staats Hugo Chavez' sein.